Hallo Zusammen,
wenn ihr die Usability einer Software bewerten oder untersuchen wollt, bietet sich das Usability-Tool "Cognitive Walkthrough" an. Dieses Werkzeug ist sehr wichtig für die Identifizierung von Usability-Problemen.
Jedoch was ist Usability?
Laut der ISO-Norm 9241-1 steht Usability für die Gebrauchstauglichkeit von Software. Dies wird definiert durch die Zufriedenheit des Nutzers, Effizienz und Effektivität des Produktes.
Möchte man nun unterssuchen ob eine Software die Kriterien erfüllt, kann man unter anderem Cognitive Walkthrough anwenden. Beim Cognitive Walkthrough untersucht man jeden einzelnen Schritt den der Nutzer absolviert um an sein Ziel zu kommen. Dabei wird bei jedem Schritt untersucht ob der Nutzer, wie erwartet reagiert. Zu beachten ist, dass CW nicht i.d.R. nicht bei realen Personen durchgeführt wird, sondern bei Personas.
Sobald man ein paar Persona erstellt hat, muss man für diese Persona einige Szenarien erstellen, welche beschreiben wofür der Nutzer die Software benutzen möchten. Was möchte er schaffen, in unserem Beispiel nehmen wir das Zeichenprogramm GIMP.
Angenommen unser Nutzer möchte gerne eines seiner Bilder umrahmen. Klingt ganz einfach und kann mit Paint in wenigen Sekunden erledigt werden. Jetzt können wir mit Cognitive Walkthrough anfangen. Die Prozedur beinhaltet vier große Schritte:
- Input definieren
- Handlungssequenzen für jede Aufgabe untersuchen
- Kritische Informationen protokollieren
- Revision des Interfaces
Schritt 1: Input definieren
In diesem Schritt muss festgelegt werden, wer die Software nutzen wird und wofür. Der eigentliche Kontex wird genauer definiert, die Handlungssequenzen festgelegt. Dies geschieht durch Szenarien. Unser Szenario war das Umrahmen eines Bildes, jedoch ist dies sehr kurz gefasst.
Schritt 2: Handlungssequenzen untersuchen
Dieser Schritt ist der umfangreichste. Jede kleine Handlungsequenzen wird in einem 4-Schrittigen Zyklus bewertet:
1. Wird der Nutzer versuchen, den richtigen Effekt zu erzielen?
In diesem Schritt wird überprüft ob der Nutzer, durch seine Handlung, die korrekte Aktion bewirken will. Der Nutzer muss dabei nachvollziehen können was die korrekte Aktion ist.In unserem Beispiel ist es das Bild, welches umrahmt werden soll, in GIMP einzufügen.
Z.B. Der Nutzer erkennt, dass er das Bild einfügen muss, da er nur einen leeres Fenster mit Werkzeugen erkennt. Jedoch nicht sein Bild in dem Fenster.
2. Wird der Nutzer erkennen, dass die korrekte Aktion zur Verfügung steht?
In diesem Schritt wird überprüft ob dem Nutzer die korrekte Aktion zur Verfügung steht, dies kann mehrere Gründe haben, entweder hat er bereits mit dem Produkt (Software) Erfahrungen gesammelt oder kennt ähnliche Produkte, z.B. möchte man ein Fenster schließen, steht immer an derselben Stelle (oben rechts) ein Kreuz.
Z.B. Der Nutzer ist zunächst unsicher, wie er das Bild einfügt. Der Startbildschirm von GIMP gibt keine Hinweise bzgl. Aktion. Durch die Erfahrung von anderen Programmen geht er die Einträge der Menüleiste durch, dort kann er die richtige Option “Einfügen” finden.
3. Wird der Nutzer eine Verbindung herstellen zwischen der korrekten Aktion und dem gewünschten Effekt?
Beim dritten Schritt muss der Nutzer vorstellen wie das Ergebnis aussehen soll, Da dieser Schritt nur das Einfügen beinhaltet, ist es für den Nutzer leicht erkenntlich ob das Bild eingefügt wurde und ob dies so richtig war.
Z.B. Der Nutzer findet im Menüpunkt “Bearbeiten” zwei Möglichkeiten: “Einfügen” und “Einfügen als”. Letzteres hat mehrere Unterpunkte zur Auswahl (u.a. “Neues Bild”, “Neue Ebene”,...). Er ist sich zunächst unsicher und wählt “Einfügen”.
4. Wenn die korrekte Aktion ausgeführt worden ist: wird der Nutzer den Fortschritt erkennen?
Der letzte Schritt überprüft die Inhaltsaufnahme des Nutzers. Dabei wird festgestellt ob der Nutzer feststellen kann, dass er die korrekte Aktion ausgeführt hat.
Z.B. Der Nutzer sieht einen Ladebalken und daraufhin wird das Bild angezeigt. Somit erkennt er das Ergebnis seiner Aktion.
Das waren die vier Schritte um die Handlungssequenzen zu untersuchen. Diese Schritte wiederholen sich beim Cognitive Walkthrough für ein Szenario bis das Szenario komplett abgeschlossen ist. Bei unserem Beispiel hat der Nutzer bisher nur das Bild eingefügt. Nun kommen die nächsten Schritte, wie z.B. das richtige Werkzeug aussuchen, ein Rechteck zeichnen, ein Rahmen erstellen und das Bild exportieren.
Beim Cognitive Walkthrough muss man so genau wie möglich werden um mit den Endergebnissen arbeiten zu können.
Schritt 3: Kritische Informationen protokollieren
Dieser Schritt ist von großer Bedeutung, da hier alle Usability Probleme festgehalten werden. Während des Testdurchgangs darf sich der Gutachter nicht einmischen, nur beobachten ob der Nutzer alleine zum Ergebnis kommt und an welchem Punkten es zu Schwierigkeiten kommt.
Wenn wir nun unser Beispiel fürs Einfügen des Bild nehmen würden, würde die Protokollierung dieser Information so aussehen:
Die verschiedenen Möglichkeiten in GIMP stiften Verwirrung beim Nutzer. Zudem sind “Einfügen” und “Einfügen als/ Neues Bild” redundant in der Funktion. Durch Zufall trifft der Nutzer die richtige schnellste Auswahl.
Schritt 4: Revision des Interfaces
Im letzten Schritt werden die im 2. Schritt erwähnten vier Unterpunkte erneut angesprochen. Jedoch diesmal von einer anderen Perspektive, anstelle von:
Wird der Nutzer versuchen, den richtigen Effekt zu erzielen?
benutzen wir nun:
Der Nutzer versucht nicht, den richtigen Effekt zu erzielen. Diese Vorgehensweise wird für alle vier Unterpunkte benutzt um die kritischen Informationen besser abzuarbeiten. Wenn der Nutzer nicht versucht den richtigen Effekt zu erzielen, hat dies mehrere Gründe. Möglicherweise ist er überfordert und weiß nicht was er tun soll.
In unserem Beispiel sieht der vierte Punkt so aus:
Auf dem Startbildschirm sollte ein Dialog erscheinen, welcher dem Nutzer ermöglicht Bilder mit einem Klick einzufügen. Dadurch hätte der Nutzer eine Übersicht über die ersten Schritte.
Dies war Cognitive Walkthrough, wir sind zwar nicht durch das ganze Beispiel gegangen aber immerhin einen ersten Eindruck darüber gewonnen, wie es aussehen sollte und wofür es gedacht ist. Es ist sehr zeitintensiv und sehr detailliert, aber dadurch kann man Probleme finden, von denen man nicht wusste, dass diese existieren.
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